domingo, 15 de abril de 2007

Kapitel 2

ebel. Undurchdringlicher, alles verschluckender Nebel. Sie tastete sich zwei Schritte vorwärts und versuchte, das Grau um sich herum mit ihren Blicken zu durchdringen. Sie suchte etwas. Aber was? Unmöglich, irgend etwas zu erkennen. Der Nebel schien auf ihr zu liegen wie eine Decke.
Doch da, aus dem Nichts, tauchte eine Gestalt vor ihr auf – ein Mann? Nur schemenhaft nahm sie seine Umrisse wahr. Er hatte den Mund geöffnet, schien ihr etwas sagen zu wollen – doch kein Laut erreichte sie. Sie versuchte, zu ihm zu gelangen, wollte auf ihn zurennen – aber da verwandelte sich die Gestalt, löste sich in einzelne dunkle Flecken auf, die auf sie zugeflogen kamen: Ein Schwarm dunkler Vögel! Ohrenbetäubendes Krächzen durchbrach die Stille, während sie mit agressiven Flügelschlägen auf sie zurasten, bereit, ihr die Augen auszupicken… Sie stolperte rückwärts, strauchelte und fiel. Sie fiel ins Bodenlose. Der Nebel wurde dichter, verwandelte sich in dicke Wolle, die sie umschlang, an ihr emporrankte wie Kletterpflanzen, ihren Mund und ihre Nase verschlossen, ihr den Atem nahm... sie erstickte…
Schweißgebadet erwachte sie. Die Wunde an ihrem Hinterkopf pochte schmerzhaft. Sie hatte sich im Traum die kratzige Decke vor den Mund gepreßt. Mit offenen Augen starrte sie vor sich in die Dunkelheit. Das einzige Geräusch war der leicht pfeifende Atem des Mannes. Kalt war ihr nicht mehr, im Gegenteil. Ihr Gesicht fühlte sich unnatürlich warm an. Der Hunger hatte sich in ein flaues Gefühl in ihrem Magen verwandelt. Sie versuchte, die Eindrücke ihres seltsamen Traumes abzuschütteln, doch es gelang ihr nicht, einfach wieder einzuschlafen. Auch jetzt war der Nebel noch da, doch er war in ihrem Inneren, in ihrem Kopf. Doch wo am Tag zuvor nur Platz für die Kälte und Ratlosigkeit gewesen war, begannen sich nun schemenhafte Gedanken im Kreis zu drehen wie ein wildes Tier in der Falle. Immer wieder die gleichen Fragen, auf die ihr Kopf statt Antworten nur diffuses, graues Nichts fand: Was war geschehen? War sie überfallen worden, oder einfach nur gestürzt? Wer war sie? Woher war sie gekommen, und wohin wollte sie gehen?
Obwohl ihre Haut glühte, fühlte sich ihr Inneres seltsam kalt an. Da war nichts, woran sie sich klammern konnte, kein Anhaltspunkt, kein Gesicht, kein Gefühl. Noch immer spürte sie weder Angst noch Verzeiflung. Vielmehr hatte sich eine tiefe Gleichgültigkeit in ihr breit gemacht, eine gähnende Leere. Beinahe wünschte sie, es sei anders. Jedes Gefühl, auch Hass, Trauer oder Furcht, war besser als diese Apathie, die sie antriebslos zurückließen.

Sie zwang sich, den fruchtlosen Strudel ihrer Gedanken zu durchbrechen und sich auf eine Frage zu konzentieren. Wie ging es weiter? Sie brauchte ein Ziel. Egal was, nur einen Plan, den sie verfolgen konnte, der vielleicht diese furchtbare Leere in ihrem Inneren vertreiben würde. Hier konnte sie nicht bleiben, so viel stand fest. Aber wohin? Sie versuchte, vernünftig zu überlegen. Essen, das brauchte sie. Und Essen gab es, wo es Menschen gab. Wo es Menschen gab, würde es vielleicht auch Antworten geben – Leute, die sie kannten… Sollte sie versuchen, nach ihrem vergessenen Leben zu suchen? Aber hatte das einen Sinn? Konnte man zu einem Leben zurückkehren, an das man sich nicht erinnerte? Überhaupt, wer wusste schon, ob es ein Leben war, in das sie zurückkehren wollte?
Sie hatte genug von diesen Fragen, deren Antworten sie nicht finden konnte. Und so konzentrierte sie sich ganz auf diesen einen Entschluss, sorgsam alle anderen Gedanken aus ihrem Kopf vertreibend. Gleich am Morgen würde sie den Alten fragen, wo die nächste Stadt war. Wenn sie dort angekommen war, würde sie weitersehen. Und mit einem leichten Gefühl neu aufkeimenden Mutes im Herzen schlief sie wieder ein.
Am Morgen schlüpfte sie zurück in ihre nun wieder trockene Kleidung und nahm dankbar das Glas Schafsmilch und den Kanten Brot des weißbärtigen Mannes entgegen. „Siehst aus, als könntest du’s brauchen, Senja“, brummte er abwinkend auf ihren Dank hin. Während sie aß, machte er sich draußen mit seinen Schafen zu schaffen. Sie kaute langsam und ließ dabei einmal mehr ihre Gedanken kreisen. Dabei kam ihr ein plötzlicher Einfall: Warum hatte sie nicht früher daran gedacht? Fieberhaft begann sie, die Taschen ihrer Kleidung zu durchsuchen – vielleicht hatte sie ja etwas dabei gehabt, das ihr einen Anhaltspunkt geben würde?! Erst als sie sicher war, überall geschaut zu haben, nahm sie das kleine Häufchen, das sie vor sich auf den Tisch gelegt hatte, genauer in Anschein.
Ein kleines Klappmesser, ein Beutel mit intensiv riechenden Kräutern, ein in einen Lappen gewickeltes, aus Holz geschnitztes Amulett und – ihr Herzschlag beschleunigte sich – ein Stück zusammengefaltetes Pergament. Mit zitternder Hand nahm sie es und entfaltete es sorgfältig. In einer präzisen, engen Handschrift stand dort

Die Zeit der Dämmerung hat begonnen!
Landomar muss davon erfahren, und Du bist die einzige, die ihm davon berichten kann. Nimm die Route über die Berge, doch hüte Dich vor den Krähen!

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