jueves, 17 de mayo de 2007

Kapitel 7

ie Bäume standen dicht an dicht. Kaum ein Lichtstrahl fiel durch die Wipfel. Ein modriger Geruch durchdrang das Gehölz. Das fahle Licht ließ einen kaum weiter als ein paar Meter blicken. Wo war ich? Wie war ich hierher gekommen? Wo war der Dengeluck? Ich begann zu laufen, das Unterholz wurde dichter, knorrige Zweige zerrissen meine Kleidung, zerkratzten mein Gesicht. Verfolgte mich jemand? Ich blickte mich um, nichts erkennend als unfreundliche, alles verstellende Bäume. Der schwere Geruch von verottendem Holz lag auf allem, schien selbst die Geräusche zu dämpfen. Doch hatte da nicht ein Ast geknackt? Waren das nicht Schritte - vorsichtige, so als wenn jemand vermeiden wollte, gehört zu werden, gehört zu werden jedenfalls bevor er sich an mich herangepirscht hatte? Ich begann wieder zu laufen, ohne überhaupt geradeauszublicken und kollidierte mit einer knorrigen Fichte und fiel ins modrige Laub. Mein Gesicht fühlte sich warm an, ich schmeckte Blut. Die raue zernarbte Rinde der Fichte und seine kurzen spitzen Äste mussten sich direkt in mein Gesicht gebohrt haben. Angst stieg auf in mir. Wieder meinte ich, Schritte zu hören. Wer war da nur hinter mir her? Die Schritte wurden schneller, kamen auf mich zu. Die Angst schnürte mir die Kehle zu, lähmte meine Glieder - ich schaffte es nicht, aufzustehen. Ich kniff die Augen zu, verbarg meine Hände an meinem blutüberströmten Gesicht. Die Schritte kamen näher, wurden langsamer. Jemand blieb direkt vor mir stehen, wortlos. Ich wartete auf einen Schlag, einen Tritt, doch nichts geschah. Langsam nahm ich die Hände von meinem von Schmerz pochendem Gesicht. Vor mir stand ein Mann in einer grauen Kutte, das Gesicht von einer Kapuze halb verdeckt. Viele Narben überzogen sein Gesicht. Seine Augen - obwohl im Schatten der Kapuze verborgen - schienen dunkelrot zu leuchten und mir war sofort klar, dass er mir nicht gut gesonnen war. Er stand schon eine ganze Weile da, blickte mit seinen roten Augen auf mich herab, das Gesicht vollkommen reglos. Plötzlich begann er zu flüstern, mehr zu sich als zu mir, leise und undeutlich. In mir keimte eine Hoffnung, dass er mir vielleicht helfen wollte und versuchte, besser zu verstehen, was er sagte, setzte mich langsam auf - und erstarrte voll von neuerlichem Grauen: "... in diesem alten Wald ... du wirst ihm nicht entgehen ... diesmal nicht ... die alten Geheimnisse sind nicht mehr sicher, er wird sie beschützen ... die Herrschaft von Landomar wird enden." Bei diesen Worten begannen seine Augen blendend hell aufzuleuchten und ein tiefer Schmerz drang durch meinen ganzen Körper, als hätte mich jemand an den Armen gepackt...

"... he, he, es ist es alles gut, sie hat nur von den gemeinen Krähen geträumt, hat sie! Sie muss aufwachen!" Senja öffnet die Augen, den sorgenvollen Blick des Dengelucks erhaschend, der über sie gebeugt stand und sie rüttelte. "Was hat Senja, dass sie an so einem Morgen schlechte Träume bekommt? Hehe, hier, wo es doch so gemütlich ist, hier in der luxeriösen Gästehöhle des Dengeluck, hihi." Der Dengeluck hatte sich wieder von ihr abgewandt, begann die Glut des Feuers vom letzten Abend zusammenzuschieben, um sie durch blasen neu anzufachen. Senja blickte sich um: Sie saß noch immer in der Höhle, die aber bei weitem nicht mehr so dunkel wirkte wie am letzten Abend. Die eben aufgegangene Sonne flutete direkt auf ihre Lagerstatt, fühlte sich angenehm warm an auf ihren Gliedern, die noch leicht schlotterten von ihrem Albtraum. War es wirklich ein Traum, es war doch alles so echt, dieser Wald, der Geruch, der Magier... "Sie muss kommen, sich stärken, vom Schrecken der Nacht erholen, muss sie, jaja." Senja blickte sich um. Die letzten Reste der Schinkenvorräte lagen vor ihnen auf einem Ledertuch. "Es ist nicht mehr weit, dann muss der Dengeluck umkehren, wird dem Berg nicht verlassen, neenee. Der Berg brauch den Dengeluck." - Der Mut, den die warme Morgensonne Senja eben noch gemacht hatte, begann sie bereits wieder zu verlassen, beim Gedanken daran, dass ihr kleiner mutiger Führer bald von ihr gehen und sie wieder vollkommen auf sich gestellt sein würde, ohne überhaupt zu wissen, wohin sie sich wenden musste, was ihre Aufgabe war. Landomar... die Herrschaft von Landomar wird enden ... die Wunde an ihrem Hinterkopf begann wieder schwach zu pulsieren beim Gedanken an den Namen den sie jetzt schon zweimal vernahm, einmal auf einem Stück Pergament in ihrer Tasche und einmal in ihrem Albtraum - wenn es denn ein Traum war.

Nach dem Frühstück kletterten beide aus der Höhle und folgten dem Weg, der sie gestern von der steilen Felsbrücke bei strömendem Regen direkt in die Gästehöhle des Dengeluck geführt hatte. Senja blickte sich um. Der Tag war klar, so als habe das Gewitter die Luft vollkommen rein gewaschen. Der Weg ging von hier an steil abwärts und schlängelte sich den Berg hinab. Senja sah bis auf wenige kleinere schroffe Felsgipfel direkt vor sich auf ein riesiges Waldgebiet, das sich bis zum Horizont zu erstrecken schien. "Sag Dengeluck, weißt du von menschlichen Siedlungen auf dieser Seite der Berge?" fragte sie ihren Führer, der mit forschem Schritt bereits vorausgeeilt war und den sie nur mit Mühe eingeholt hatte. "Menschen? Dengeluck nicht oft trifft auf Menschen, neenee, Senja war seit langem die erste die mehr Angst hatte vor ihm als er vor ihnen. Menschen mögen keine Wesen wie den Dengeluck, müssen alles beherrschen. Der Dengeluck will nicht beherrscht werden, will für sich Leben, in Ruhe bei Hongela, hehe, die so gut sorgt für ihn. Deswegen wird er ihr jetzt auch lebwohl sagen. Senja muss sich vorsehen, viele dunklen Gestalten irren umher, viel gefährlicher als laute Krähen. Einige kommen in die Berge, aber der Dengeluck kennt viele Verstecke, weiß wie er ihnen entkommt. Senja muss lernen zu sich verstecken, wenn sie ihr Ziel erreichen will." - "Mein Ziel? Woher weißt du von meinem Ziel?" fragte Senja da, war sie doch davon ausgegangen, dass der Dengeluck nicht viel von den Menschen weiß, wie er ihr eben noch versichert hatte. "Die Ziele der Menschen liegen am Ende des Weges, Menschen auf den Wegen sind meistens gut, hehe, aber sie soll sich in Acht nehmen, wenn sie vom Wege abkommt, denn statt ihrem Ziel sie findet vielleicht dunklere Dinge." Damit kam der Dengeluck auf sie zu, umarmte sie (das heißt er umarmte ihren rechten Unterschenkel), drehte sich um und begann den Berg hinaufzulaufen. "Hab dank für alles und grüße Hongela von mir!" schaffte es Senja gerade noch zu rufen, bevor er hinter der nächsten Biegung verschwunden war.

Jetzt war sie also wieder auf sich allein gestellt. Wohin sollte sie sich wenden, wo würde die Landomar finden? Die Ziele der Menschen liegen am Ende des Weges. Sie wandte sich von den Bergen ab und blickte hinab auf den großen Wald, der sich vor ihr bis in die Unendlichkeit auszubreiten schien. Ihre Hoffnung war nicht sonderlich groß nach den Warnungen des Dengelucks hier heil hindurchzukommen. Aber sie musste es versuchen, musste versuchen zu ergründen, welche Aufgabe sie hatte und wo sie hingehörte. Sie begann zu laufen. Die Vegetation um sie herum wurde wieder üppiger, der Weg wurde weniger steil und Vögel zwitscherten in der warmen Morgensonne. Das alles machte Senja Mut und sie sog die Geräusche und die klare frische Luft tief in ihre Lungen. Als sie so einige Zeit gelaufen war, mischte sich ein leises Plätschern in die Geräusche aus ihrer Umgebung. Ein Gebirgsbach schlängelte sich neben dem Weg hinab in die bewaldete Ebene. Senja verspürte Durst und kletterte eilig hinab an das klare Bachbett und begann eilig ein paar tiefe Schlucke zu nehmen. Nachdem sie ihren Durst gestillt hatte, begann sie, ihr Gesicht zu waschen, dass es nach der Nacht in der staubigen Höhle mal wieder nötig hatte. Senja fuhr mit der nassen Hand über ihre Wange... und erstarrte. Da wo sich in ihrem Albtraum die spitzen Zweige der Kiefer eingekerbt hatten, spürte sie eine breite Narbe.

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